Architekt: Hans Herkommer (1887-1956), erbaut 1927-29
Die Frauenfriedenskirche gehört zu den Inkunabeln des modernen Sakralbaus, sie wurde und wird von Kennern als herausragendes Beispiel unter den modernen Kirchen gefeiert. Hans Herkommer, aus Stuttgart stammend und Schüler von Paul Bonatz, wollte hier ein Gesamtkunstwerk schaffen, das bis in die Details von ihm durchgeplant war.
Drei große, quaderförmige Baukörper gliedern das Äußere: im Osten der 20 m hohe Portalbau mit Glocken, das Langhaus und der quergestellte Chorbau im Westen. Daran angeschlossen die weltlichen Gebäudeteile, die den Ehrenhof umgeben, der wiederum mit seinen hohen, schmalen Rundbögen die Bögen des Portals fortsetzt. Die Kirche ist 63 m lang, 23 m breit und 18 m hoch.
Die Regina pacis ist eine 12 Meter hohe freistehende Mosaikstatue auf Betonkern, so etwas hatte man vorher noch nie versucht. Sie trägt eine Friedenskrone, einen Palmzweig in der Hand und steht als „stella maris“ auf Wellen über der Erdkugel, auf der ein Greif eine Schlange verschlingt. Der Greif ist der Hüter des Lebens und Symbol für den Sieg Christi über die Schlange, das Böse, den Tod. Darunter ist zu lesen: Regina pacis, ora pro nobis (Königin des Friedens, bitte für uns). Gestaltet wurde die Skulptur von Emil Sutor, von dem jeder Mensch, der einen Fernseher besitzt, wenigstens ein Kunstwerk kennt: den Deutschen Fernsehpreis, das „Bambi“.
Die Königin des Friedens steht vor einem wie gewebt erscheinenden goldenen Hintergrund, den der Jugendstilmaler Matthias Stichs entworfen hat. Im linken Feld ist Krieg und Trauer dargestellt, weinende Engel unter einem Nachthimmel und ein blutiges Schwert sind in den Ornamenten zu sehen. Rechts dagegen beten die Engel dankbar zum Herrn, Schönwetterwolken und der Palmzweig symbolisieren die glückliche Zeit des Friedens.
Der Auftrag des Arbeitsausschusses an den Künstler Friedrich Eberz für die Altarwand lautete: „Heilige Frauen aller Stände gewinnen Kraft aus dem Kreuzestod Jesu.“
Und so finden wir die Missionarinnen Hl. Barbara, Notburga von Rattenberg, Gertrud von Nivelles und die „Lehrerin Germaniens, Lioba von Tauberbischofsheim. Die Mystikerinnen sind Katharina von Siena, Hildegard von Bingen und Teresa von Avila, die Herrscherinnen Kunigunde und Hedwig von Schlesien, die in dankbarer Erinnerung an die 1925 verstorbene Hedwig Dransfeld die Frauenfriedenskirche im Arm trägt. Frühe Christinnen sind Veronika und Agnes von Rom, als Christus Liebende werden Theresia von Lisieux, Elisabeth von Thüringen und Maria Magdalena dargestellt. Und auch heilige Mütter sind vertreten; Anna Maria Taigi, Anna, die Mutter Marias, Monika von Tagaste, die Mutter des Augustinus, und Katharina von Genua. Die Auswahl dieser Frauen zeigt nicht nur die weiblichen Tugenden sondern weist in der internationalen Auswahl auch auf die erweiterte Stiftungsidee: hier ist nicht mehr vom deutschen, sondern vom Weltfrieden die Rede.
Unter dem monumentalen Mosaik steht der Originalaltar in den Farben Rot, Blau und Gold, mit goldenem Tabernakel und einem kleines Kruzifix darüber. Der Hochaltar wird „bewacht“ von zwei stilisierten Löwen als Wandzeichnungen.
Die Farbigkeit des Altarraumes setzt sich im Kirchenteppich fort, der in seiner Art einzigartig ist. Entworfen nach den intensiv farbigen Originalfenstern wurde er 1929/30 von Bockenheimer Frauen in Kreuzstich gestickt, insgesamt ist er mehr als 20 m lang! Er markiert heute den Weg vom Allerheiligsten hin zur neuen Altarinsel aus schwarz-grauem Terrazzo. Die Altarinsel ist die neue Mitte der Kirche. Von weitem sichtbar ist der neue Altar von Tobias Kammerer, der die Form eines halben Ovals hat. Wie auch der Ambo ist er aus Tombak, einer Kupfer-Messing-Legierung, deren sanfter Goldton die grandiosen Farben in der Kirche ergänzt, ohne von ihnen abzulenken. Ein Leuchtring unterhalb des Altars nimmt ihm die Schwere und lässt ihn schwebend erscheinen.
Im Zuge der Sanierung 2018/2020 wurden auch restauratorische Untersuchungen vorgenommen, die sich mit dem Farbkonzept des Architekten beschäftigen. Restauratorin Sanni Riek fand in aufwändigen Recherchen bauzeitliche Befunde mit strahlenden Farben, die der Frauenfriedenskirche neues Leben einhauchen. Besonders erwähnenswert sind die Deckenringe über dem Chor, die die heilige Dreifaltigkeit darstellen und in leuchtendem Blau, Rot und Grün gehalten sind.
Unter den Kanzeldecken und unter den Querzügen fand sich Silber, das durch eine Farbschicht Gelb und eine Aluminiumfolie wiederhergestellt werden konnte.
Durch die schweren Bombardements 1944 für immer verloren sind die originalen Fenster von Prof. Glückert, die so stark gefärbt waren, dass sich auch bei Sonneneinstrahlung kein Schattenwurf zwischen den Säulen ergab. Sie ließen auf den hellen Wänden ein wanderndes Farbmosaik entstehen, ein reines Licht-Kunstwerk. Durch geschicktes Aufhellen der Fenster zum Altar hin entstand damals eine Lichtführung des Besuchers vom Portal bis zum Kreuz, ein „Baustein aus Licht“, wie Dominikus Böhm diese Technik nannte.
Die heutigen Fenster sind von dem renommierten Künstler Joachim Pick, der sie 1961 entwarf. Nach seinen eigenen Worten stellen sie – passend zum Altar-Mosaik – den zerrissenen Vorhang von Golgotha dar. Die kundige Ausführung durch die Werkstatt Schillings bürgte für beste Qualität.
Die Innenseiten der Pfeiler des Hauptschiffes tragen den Kreuzweg von Albert Henselmann. Auf den ersten Blick recht unauffällig, zeigen sie bei genauerer Betrachtung höchst expressive Gesichter und Szenen. Gips auf Draht mit dezenter Färbung in Heißwachs-Sgraffiti fügen sie sich perfekt in das Gesamtkunstwerk Frauenfrieden ein. Die Geschlossenheit des Entwurfes war Architekt Herkommer ein Herzensanliegen und er machte es den beteiligten Künstlern nicht leicht, seinen hohen Ansprüchen zu genügen. Im Fall des Kreuzweges führte sein durchaus strenger Umgang mit der künstlerischen Ausstattung dazu, dass sich die Gemeinde 1937, zehn Jahre nach Baubeginn, sicherheitshalber an ihn wandte, um einen passenden Künstler zu wählen. Ein Gemeindemitglied hatte die nötige Summe für die vierzehn Kreuzweg-Stationen gespendet.
Bis in die kleinsten Details hinein ist die Hand des Architekten zu spüren: die Lüftungsgitter, die Sammelkästen des Regenwassers hoch oben am Dach, selbst die Teppichstange im Hof sind in das Gesamtkonzept hineingenommen. Man nannte den einfachen und formstrengen Stil die „Neue Sachlichkeit“ und wenn Frauenfrieden auf den ersten Blick Ähnlichkeit mit dem Stuttgarter Bahnhof aufweist, ist das nicht zufällig, denn Paul Bonatz, der Erbauer dieses Bahnhofes war der Lehrer von Hans Herkommer.
Manch ein Zeitgenosse warf Herkommer vor, die Kirche sei in erster Linie groß und kahl, darauf antwortete er in einem Brief: „Die bestimmenden dekorativen Elemente sind Linie, Licht und Farbe.“ Die Linien sind erhalten, die Farben und das Licht nunmehr wiederhergestellt. Besonders die Farben bestechen - Rot, Grün und Blau mit Gold und Schwarz sind eine starke liturgische Aussage.
Die beleuchtenden Obergaden sollen Tageslicht imitieren, die Leuchtkörper unter der Orgelempore und in der Krypta sind in kreuzförmige Vertiefungen eingelassen, und die Soffitten und andere Leuchtkörper erkennt der Fachmann schon von weitem als Herkommer’sches Ideengut. Dem Gedanken der Blickführung vom Eingang bis hin zum Hochaltar folgen auch die in grün und rot gehaltenen Deckenzüge und die phantastische Beleuchtung nach den Plänen von Herbert Cybulska. Dem ursprünglichen Gedanken Hans Herkommers folgend wird die Kirche hauptsächlich über die im Obergaden installierten Leuchten erleuchtet. Die bauzeitlichen Soffitten wurden modernisiert und mit neuen Leuchtmitteln versehen und tuen wieder ihren Dienst an den Pfeilern zu den beiden Seitenschiffen. Strahler akzentuieren das Altarmosaik und die 14 Stationen des eindrucksvollen Kreuzwegs von Albert Henselmann.
Besonders eindrucksvoll muss die Beleuchtung in der Krypta gewirkt haben, wo selbst die Lampen von farbigem Glas umschlossen waren. Die Decke der Krypta wiederholt das Motiv der drei Ringe vom Hochchor neun Mal, auch hier wurden die Farben behutsam wiederhergestellt. Eine Neuentdeckung war die Farbe "Caput Mortuum" (Totenkopfschädel), die sich seit der Sanierung 2020 hinter der Pietà, aber auch in der Taufkapelle und unter der Orgelempore findet.
Die Krypta von Frauenfrieden ist ein Ort der stillen Besinnung und der Trauer, die niedrige Decke und die kräftigen Säulen vermitteln Konzentration und Geborgenheit. Tröstend steht die Pietà von Ruth Schaumann über dem kleinen Altar, rechts und links rufen große Kreuze zum Gebet für die gefallenen Männer auf. Ruth Schaumann war eine auf vielfältigen Gebieten begabte Künstlerin, sie schrieb – obwohl gehörlos – wunderschöne Gedichte, arbeitete mit Pinsel, Meißel und Schere gleichermaßen geschickt und war auch in der Glaskunst begabt. Ihre Scherenschnitte waren seinerzeit berühmt, ihre Malerei und Grafik von hoher Ausdruckskraft.
Die Pietà ist seit dem Mittelalter eine Identifikationsfigur für Trauer und Schmerz. Ähnlich wie die „Mutter der sieben Schmerzen“ im Altarmosaik wendet sie den Blick der Trauernden auf das Leiden Christi und die mitleidende Mutter. Sie vermittelt dem Betrachter heiliges Verständnis für seine Trauer und Vertrauen auf das neue Leben, das uns durch das Opfer Christi geschenkt wurde. Auf sie, die „Mater dolorosa“, ist die Frauenfriedenskirche geweiht. Ruth Schaumann stellt die Schmerzensmutter mit einem von Trauer verschlossenem Gesicht dar, wie erstarrt hält sie den toten Sohn auf dem Schoß und scheint all den trauernden Kriegerwitwen und verwaisten Müttern Solidarität für ihre Klagen anzubieten. Eine beeindruckende und tröstliche Szene in der Geborgenheit der Krypta.
Noch einmal finden wir Maria, als Madonna mit Kind auf dem rechten Seitenaltar im Hauptschiff. Diese Figur, zusammen mit dem „Christus Rex“ im linken Seitenschiff, sind quasi standardisierte Darstellungen der Jahrhundertwende und passen eigentlich wenig in Herkommers moderne Kirche. Die Zahl der brennenden Kerzen davor zeugen aber davon, dass die Menschen nicht aus kunsthistorischem Interesse, sondern im innigen Glauben davor beten.
Ein Raum mit besonderer liturgischer Konzentration ist auch die Taufkapelle. Das Taufbecken steht nicht im Hauptschiff, sondern in einem eigenen Raum, der links vom Hauptgebäude anschließt. Der rechteckige Vorraum wurde bereits 2014 nach dem Original in leuchtendem „pompejanisch-rot“, „türkisch-grün“ und creme wiederhergestellt. Von dort geht es in die kreisrunde Taufkapelle, die sich mit ihren vielen schmalen Rundbögen und den bunten Betonglas-Fenstern von Joachim Pick auf eden Taufstein mit kupfernem Deckel konzentriert. Darüber schwebt im Oberlicht die Taube als Zeichen des Heiligen Geistes in einer frühen Glas-Ätz-Arbeit von Pick. Die Kunstausstellungen, die Rahmen des Kulturprogrammes von Frauenfrieden „das podium“ stattfinden, haben hier einen wunderbaren Ort, denn die Ästhetik der Kapelle bietet sich für Kunst gerade zu an.
Die Glocken: Vor dem Zweiten Weltkrieg besaß die Kirche ein sechsstimmiges Geläut in der Schlagtonfolge as0–c1–es1–f1–as1–c2 der Glockengießerei Schilling (Apolda) aus dem Jahre 1929. Die fünfgroßen Glocken mussten zu Kriegszwecken abgegeben werden.
Die verbliebene kleine Glocke wurde für das neue Geläut 1957 eingeschmolzen. Gießer war Hermann Hamm aus Frankenthal. Das Geläut zählt zu seinen besten Gussleistungen. Das Glockenensemble ist das nach dem Bartholomäusdom das zweitgrößte in Frankfurt, alle Glocken zusammen wiegen insgesamt 9020 kg. Dank idealer Turmstubenakustik und der daher rührenden weichen, volltönigen Klangentfaltung zählt es mit dem Domgeläut zu den klanglich repräsentativen Geläuten der Stadt.
Nr. |
Name |
Gussjahr |
Ø (mm) |
Gewicht (kg) |
Nominal (HT-1/16) |
Inschrift lateinisch (original) | Inschrift auf deutsch |
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1 | Christus Rex | 1957 | 1858 | 3450 | a0 ±0 | „O Rex Gloriæ veni cum pace“ | „Oh Christus, König der Herrlichkeit, komme in Frieden“ |
2 | Mater Dolorosa | 1957 | 1550 | 2040 | c1 +3 | „Christe cum sit hinc exire / da per matrem me venire / ad palmam victoriæ“ | "Christus, wenn es soweit ist, dass ich von Erden scheiden muss, hilf mir durch deine Mutter, zur Siegespalme zu gelangen“ |
3 | Bonifatius | 1957 | 1385 | 1430 | d1 +3 | „Bonifati confirma patriam nostram in vera et firma fide“ | "Bonifatius stärke unsere Heimat im wahren und festen Frieden" |
4 | Elisabeth | 1956 | 1236 | 1050 | e1 +3 | „S. Elisabeth mater pauperum inflamma nos amore quo tu ardebas“ | "Hl. Elisabeth, Mutter der Armen, entflamme uns in der Liebe, in der du entflammt bist" |
5 | Hedwig | 1956 | 1039 | 610 | g1 ±0 | „S. Hedwigis imperta defunctis ac nobis pacem et tranquillitatem“ | "Hl. Hedwig bringe uns und unseren Verstorbenen Frieden und ewige Ruhe" |
6 | Margarita | 1957 | 912 | 440 | a1 +3 | „S. Margarita fac mulieres ecclesiæ Margaritas“ | "Hl. Margarita mach die Frauen zu Perlen der Kirche" |